Im Westjordanland gibt es über zehn Millionen Olivenbäume. Die jährliche Olivenernte, die traditionell zwischen September und November stattfindet, ist für die palästinensischen Gemeinschaften sowohl wirtschaftlich als auch kulturell von größter Bedeutung. Mit der starken biblischen, spirituellen und symbolischen Bedeutung der Ernte werden Begriffe wie Frieden, ,verwurzelt sein‘ und Resilienz assoziiert. Bis zu 100.000 palästinensische Familien sind für ihr Einkommen von der Olivenernte abhängig. Wie jeder andere Aspekt des palästinensischen Lebens in der Westbank wird jedoch auch die Olivenernte unter militärischer Besatzung durchgeführt, die seit 53 Jahren andauert und die Leben, Lebensumstände und Menschenrechte der palästinensischen Bevölkerung weiterhin stark beeinträchtigt, auch wenn die Bedrohung einer formellen Annexion vorübergehend abgeschwächt ist.
Der palästinensische Zugang zu Land und Olivenhainen in der „Seam Zone“ wurde von den israelischen Behörden stark eingeschränkt. Laut UNOCHA sind von 74 Landwirtschafts-Checkpoints, die die Landwirtinnen und Landwirte passieren müssen, um zu ihren Bäumen zu gelangen, während der Erntezeit nur de-ren 53 geöffnet. Deshalb können sie sich nicht das ganze Jahr hindurch um die Bäume kümmern, woraus ein bedeutender Ernteeinbruch folgt. Zudem können Palästinenserinnen und Palästinenser die landwirtschaftlichen Checkpoints nur mit einer Bewilligung passieren. 2018 wurden 72 % der Gesuche um eine solche Bewilligung abgelehnt. Darüber hinaus wurde der Zugang der Olivenbauern mit einer gültigen Bewilligung zum Land in der „Seam Zone“ im Herbst 2019 auf 40 Tage pro Jahr eingeschränk. Während der letztjährigen Olivenernte registrierte UNOCHA 50 Angriffe von Siedlern auf Palästinenser und deren Besitz. Zehn Personen wurden dabei verletzt, zwei davon Kinder. Rund 2.700 Bäume wurden beschädigt und 160 Tonnen Oliven gingen verloren.
Aufgrund dieser Situation, und um palästinensische Familien während der Olivenernte zu unterstützen, wurde in den vergangenen Jahren in 90 Dörfern des Westjordanlands eine schützende Präsenz organisiert. Koordiniert wurde diese Aktion durch das lokale Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Dieses Jahr wird es in den meisten dieser Dörfer wegen der COVID-19-Pandemie keine solche schützende Präsenz durch israelische und ausländische Freiwillige geben. Dies ist besonders problematisch, denn während der Pandemie haben Abbrüche von Häusern und Siedleranggriffe zugenommen.1
Um für alle in Palästina und Israel lebenden Menschen wahren Frieden mit Gerechtigkeit zu er-reichen, muss die Besatzung enden. In Zeiten ausgedehnter Verletzlichkeit, in denen keine menschliche Kraft die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie verhindern konnte, und im Zusammenhang mit der an-dauernden Besatzung der palästinensischen Gebiete sind wir aufgerufen, Formen der kreativen Solidarität zu finden, als Zeichen von Hoffnung und als Beitrag zum Weg hin zu gerechtem Frieden im Heiligen Land. Deshalb fordern wir Sie auf, sich mit den Menschen, die von der Besatzung betroffen sind, solidarisch zu zeigen, indem Sie
• sich für einen dauerhaften und gerechten Frieden für die palästinensische und israelische Bevölkerung einsetzen.
• sich öffentlich dafür aussprechen, dass die Rechte und Würde aller Menschen, die im Heiligen Land unter der Militärbesatzung leben, geschützt werden müssen.
• für ein Ende der Besatzung durch Israel aufrufen.
• diejenigen unterstützen, die vor Ort und auf internationaler Ebene für Frieden und Gerechtigkeit für alle in Palästina und Israel arbeiten.