„Warum hat Gott mich an diesen Ort gebracht“

Verfasst von - 22. März 2019 - Aktuell vor Ort, Archiv

Letzte Woche haben wir drei Familien in Beit Ummar einer kleinen Stadt 10 km nördlich von Hebron besucht. Seit 1967 ist Beit Ummar von Israel besetzt. Besonders die geographische Lage an der Route 60 und umrundet von drei israelischen Siedlungen macht es für die  Menschen schwer ein „normales” Leben zu führen (Hebron Governorate 2009). Die Angst vor Hauszerstörungen und Verhaftungen gehören zum Alltag vieler Familien. Es sind Geschichten wie die von Yusuf der Nachts nicht schlafen kann aus Angst seine Familie und sein Heim nicht schützen zu können oder die Geschichte von einer Mutter deren Söhne immer wieder verhaftet werden die uns in unserem Alltag als ökumenische BegleiterInnen herausfordern und berühren.

Yusufs Haus

Yusuf, der Vater der ersten Familie die wir besuchen hat vor ein paar Wochen einen entgültigen Demolierungsbefehls für sein Haus erhalten. Jeden  morgen um 6 Uhr früh steht er auf um zu sehen ob SoldatInnen kommen um sein Haus zu zerstören, erzählt er uns. Dass er nicht weiß wo er mit seiner Familie  Schutz suchen soll ist schlimm, aber die Unsicherheit nicht zu wissen wann genau es so weit ist, meint er, ist das was ihn am meisten quält. Neben dieser permanenten psychischen Belastung leidet er unter einer physischen  Behinderung seines Beines. Die Gehhilfe die ihm vor 23 Jahren gespendet wurde sollte nach Plan alle drei  Jahre gewechselt werden doch bis heute konnte er keine finanzielle Hilfe und Unterstützung dafür finden. Neben wiederkehrenden Attacken von israelischen SiedlerInnen und SoldatInnen litt die Familie in der Vergangenheit auch unter der drei maligen Verhaftung ihres Sohnes. Das erste mal mit nur 16 Jahren. Jedes mal war er jedoch unschuldig, erzählt uns der Vater. Die Familie lebt unter permanenter Angst vor der Zukunft und Yusuf weiss, dass er seine Familie nicht beschützen kann. Jede Nacht bevor er schlafen geht fragt er sich warum Gott ihn an diesen Ort gebracht hat. Yusuf lebt seit 50 Jahren in seinem Haus und die erste Zerstörungsanordnung für sein Haus erhielt er nachdem er ein weiteres Gebäude das er als Geschäft benutzt angebaut hatte.

Yusuf ist kein Einzelfall. Hausdemolierungen  sind besonders üblich in Area C. 70% des Gebietes von Beit Ummar liegt in Area C. Die Anzahl von Bauerlaubnissen zwischen 2009 und 2016 in Area C liegt für PalästinenserInnen jedoch bei weniger als 3% (OCHA 2017: 12). Wird ohne diese Genehmigung gebaut ist es wahrscheinlich, dass das Gebäude vom israelischen Militär zerstört wird. Dies ist besonders deshalb ein Problem da es in der palästinensischen Kultur üblich ist, dass die Familie zusammen lebt und für die Nachkommen häufig angebaut wird. Seit 1988 gab es 16.087 Demolierungsanordnungen gegen PalaestinenserInnen in Area C (bis 2016). Nach Stand 2016 sind noch über 12.500 Demolierungsanordnungen ausstehend (OCHA 2017: 12). Das restriktive Planungsregime Israels in Area C  ist dafür verantwortlich, dass viele palestinensischen Communities nicht mit dem Wassernetzwerk verbunden sind und dass schutzlose Familien durch routinierte Hauszerstoerungen  verdraengt werden (ebd.).

Nach internationalem Recht ist Israel als Besatzungsmacht dazu verpflichtet die Grundbedürfnisse der PalestinaenserInnen in den bestezten Gebieten und damit auch Area C sicher zu stellen. Die Zerstoerung von privatem oder öffentlichen  Eigentum ist damit verboten (ebd.).

Quellen:

Hebron Governorate (2009): Beit Ummar Town Profile; in: http://vprofile.arij.org/hebron/pdfs/Beit%20Ummar.pdf.

OCHA (2017): Occupied palestinian territory, Humanitarian Facts and Figures; United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs in the occupied  palestinian territories.