Es fällt mir sehr schwer, das heute erlebte so in Worte zu fassen dass auch für euch die Dimension dieser eigentlich kleinen Begebenheit spürbar wird.
Wir wurden heute Nachmittag nach Susya gerufen, weil dort das Militär den Abtransport eines Caravans verlangte. Wir konnten uns vorerst nichts darunter vorstellen.
Als wir ankamen, sahen wir einige Militärfahrzeuge und einen Haufen Menschen. Ich fragte Abed, unseren Fahrer, was wir sagen sollen, wenn wir vom Militär befragt werden was wir hier wollen. Wir besuchen die Schule, war seine Antwort. Aber wir waren für das Militär uninteressant und so erfragten wir langsam, worum es hier ging.
Die „Cooperazione Italiana allo Sviluppo Ministero degli Affari Esteri“ plante im Einvernehmen mit israelischen Behörden einen Caravan (= Container auf Rädern) bei der Schule für die Kinder des Dorfes aufzustellen, und versuchten so die Baugenehmigung zu umgehen. Jedoch noch bevor der Lastwagen wieder abfahren konnte, war schon das Militär da und verlangte den sofortigen Abtransport.
Wir erlebten auf diese Weise, dass das Militär hier mehr zu sagen hat, als alle zivilen Organe. Oder verstecken sich die Zivilen Behörden hinter dem Militär, das ja für die Sicherheit im Land zuständig ist? 12 schwergewaffnete Männer. Verhandelt hat eine Frau. Auch mit Gewehr am Rücken. Freundlich, aber keinen Millimeter vom Ziel abweichend. Als alles klar war versuchte sie von allen Anwesenden das Gesicht zu fotografieren. Ein Soldat, mit verschlagenem Gesichtsausdruck und schussbereiter Waffe hielt die Kinder auf Abstand. Mit einem kam ich kurz in ein freundliches Gespräch. Doch bald unterbrach er und ging weg. Der Kontakt war ihm unangenehm. Hatte er Folgen zu befürchten?
Aber was hat die Etablierung eines Kindergartens mit der militärischen Sicherheit zu tun? Das Dorf Susiya wurde 1962 zerstört und die Menschen ins nichts entlassen. Sie bauten sich in der Nähe neue Häuser die eher Zelten ähneln oder zogen in Felsenhöhlen. Aber auch das ist eigentlich nicht erlaubt und ihre Behausungen sind täglich von der Zerstörung bedroht. Mit internationaler Hilfe haben sie dennoch eine kleine Schule gebaut und versuchen nun durch diesen Container auch für ihre Jüngsten Raum zu schaffen.
Währenddessen werden seit Jahrzehnten auf ihrem Grund und Boden Siedlungen gebaut, mit bester Strom und Wasserversorgung, während sie selbst das Wasser mit Tankwagen herbringen müssen. Selbst ihre Zisternen werden zerstört, da sie keine Baugenehmigung dafür haben.
Das katastrophale an dieser Geschichte ist, dass das kein Einzelfall ist. Diese Politik betrifft die gesamte Zone C. Das sind beinahe 70% des gesamten Westjordanlandes.
In Wikipedia findet ihr einen ausführlichen Beitrag über Susiya. http://en.wikipedia.org/wiki/Susya