Seit einem guten Jahr wird jeden Freitag in Kafr Qaddum demonstriert. Im Juli 2011 haben einige Leute des Ortes, der im Qalqyilia Bezirk liegt, beschlossen gegen eine Straßensperre zu demonstrieren, die das israelische Militär während der 2. Intifada errichtet hat.
Die Sperre befindet sich am oestlichen Eingag ins Dorf, auf einer Strasse die den Ort Kafr Qaddum mit den Nachbarorten Jit und Sarra verbindet. Die Errichtung dieser Straßensperre hatte zur Folge, dass ein Weg von 3 Minuten zu einem Umweg von 15 km wurde. Ausserdem stieg dadurch nicht nur der Preis für den Schulbus um das 6-fache an, sondern es entstand so auch ein Umweg für jene Leute die zum Arbeiten nach Nablus fahren.
Das israelische Militär rechtfertigt die Straßensperre mit Sicherheitsgründen. Die Strasse führt durch die, unter internationalem Recht illegale israelische Siedlung ‚Qedumim‘.
Die Anzahl der Demonstranten variiert von Woche zu Woche und ist vor allem während des Ramadans geringer. Jedoch wird die Demonstration meistens von internationalen Leuten des ISM und auch israelischen Aktivisten unterstützt, wie zum Beispiel von Mitgliedern der AATW.
Bevor sich die Männer des Dorfes nach dem Freitagsgebet auf den Weg zur Demonstration machen, sind üblicherweise um die Dutzend Jungs zwischen 7 und 15 Jahren auf der Strasse. Sie legen Steine auf die Strasse, welche das Vorankommen von militärischen Jeeps verhindern soll. Manchmal liefern sie sich auch schon im Vorfeld der Demonstration eine kleine ‚Schlacht‘ mit den israelischen Soldaten. Das heisst die Kinder werfen unter anderem Steine gegen israelische Bulldozer, diese versuchen die Strasse frei zu machen um den Soldaten ein leichtes Vordringen gegen die Demonstranten zu ermöglichen. Es kommt auch vor, dass die Steine gegen voll montierte israelische Soldaten geschleudert werden. Folglich entsteht ein hin und her zwischen den Soldaten und den Kindern. Anschliessend treffen die Demonstranten ein und marschieren entlang der Strasse auf der sich einige 100m ausserhalb des Dorfes die Straßensperre befindet. Meistens dauert es nur wenige Minuten und manchmal nur Sekunden bis die Soldaten mit dem Schiessen von Tränengas beginnen. Häufig wird das Tränengas direkt gegen die Leute gefeuert, infolgedessen kommt es immer wieder zu Verletzungen. Ausserdem verwendet das israelische Militär seit einigen Wochen Gummigeschosse. Mehrfach kommt es zum Einsatz von ‚Geräuschbomben‘ und ‚Stinkwasser‘ von Seiten des Militärs. Zudem werden immer wieder Teilnehmer der Demonstration verhaftet.
Während des Ramadans sieht die Sache ein wenig anders aus. Bevor die Demonstration beginnt gibt es kaum oder keine Aktivitäten von Jugendlichen auf der Strasse. Nichtsdestotrotz reagiert das israelische Militär mit Tränengas, Stinkwasser, Geräuschbomben und Gummigeschossen.
Regelmässig kommt das Militär in der Nacht nach Kafr Qaddum. Ab und zu um Lärm zu machen und Geräuschbomben zu schiessen. Ein anderes Mal um Jugendliche oder Erwachsene zu verhaften. Meistens haben die Soldaten um ihr Handeln zu rechtfertigen Fotos von der Demonstration dabei, die verschiedene Teilnehmer zeigt. Murad S. einer unserer Kontakte in Kafr Qaddum informiert uns darüber, dass das Militär gerade letzte Woche in einer Nacht kam und 4 junge Männer festgenommen hat. Sie sind bis jetzt noch immer in Haft und keiner weiss was ihnen vorgeworfen wird. Meistens lauten die Anschuldigungen: das Schleudern von Steinen oder Teilnahme an einer illegalen Demonstration, wobei es in der West Bank kaum möglich ist eine Genehmigung für eine Demonstration zu erhalten.
Nach ungefähr 2 Stunden findet die Demonstration langsam ein Ende. An diesem Freitag gab es zum Glück so gut wie keine Verletzte. Einer der Demonstranten wurde mit einem Tränengaskanister direkt am Kopf getroffen, hat aber keine grössere Verletzung davon gezogen. Die Leute sind davon überzeugt, dass sie die Demonstration so lange fortsetzen wollen bis die Straßensperre beseitigt wird und somit die Strasse wieder offen ist.
EAPPI beobachtet die Demonstration in Kafr Qaddum von Anfang an.